Weltregierung WHO?
Die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) wurde 1948 gegründet und hat zur Zeit 194 Mitgliedsstaaten. Mit Sitz in Genf, ist sie eine der autonomen Sonderorganisationen der Vereinten Nationen (United Nations, UN) und für die Koordination des öffentlichen Gesundheitswesens auf internationaler Ebene zuständig.
Finanzierung
Die WHO finanziert sich zum Einen über Assessed contributions (AC), die regulären Beiträge der Mitgliedstaaten, und zum anderen über Voluntary contributions (VC)[1].
Die AC kommen bei der Gesamtfinanzierung der WHO mittlerweile nur noch auf einen Anteil von ca. 20% wobei viele Staaten den Zahlungen nicht nachkommen[2].
Die VC werden von einigen Mitgliedstaaten zusätzlich zu ihren AC sowie von „anderen Partnern“ erbracht. Je nachdem wie flexibel die WHO diese Gelder verwalten kann, werden sie in 3 Kategorien unterteilt:
- Die Core voluntary contributions (CVC) können völlig frei von der WHO für ihre Bedürfnisse genutzt werden. Ihr Anteil an den VC liegt bei 3,9%
- Thematic and strategic engagement funds sind mehr an den Bedürfnissen des Spenders ausgerichtet, und erlauben weniger Spielraum bei der Vergabe, sie stellen einen Anteil von 6% an den VC dar.
- Specified voluntary contributions mit einem Anteil von 90,1% an den VC sind stark zweckgebunden, auf einen Bereich oder geographischen Ort beschränkt und müssen innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne abgearbeitet werden.
Die beiden letzten Kategorien stellen somit rund drei Viertel des Gesamtbudgets dar, ein Umstand der in den letzten Jahren immer wieder Zweifel an der Unabhängigkeit der WHO aufkommen ließ, da die Geldgeber (reiche Staaten, NGOs und Pharma-Unternehmen) bei diesen Spenden mehr oder weniger viel Einfluss auf die Art und Weise haben wie diese Gelder eingesetzt werden[3].
Für den Zeitraum 2017/18 etwa belegte Bill Gates mit seinen beiden Stiftungen Bill & Melinda Gates Foundation und GAVI Alliance bei den VC hinter den USA und Großbritannien die Ränge 3 und 4 mit jeweils 455 und 389 Millionen USD. Zusammen sind das also fast 20% des Gesamtbudgets der WHO[4].
Luxemburg und die WHO
Man kann feststellen, dass Luxemburg beste Beziehungen zur WHO unterhält. Bei den CVC belegt Luxemburg den 9. Rang und unterstützt ebenfalls diverse WHO-Projekte wie das WHO Health Emergencies Programme (WHE) oder die Ausrottung von Polio.
Contributor | Funding received USD million | |
1 | UK and Northern Ireland | 64,7 |
2 | Sweden | 35,4 |
3 | Norway | 27,3 |
4 | Australia | 18,2 |
5 | Netherlands | 10,0 |
6 | Belgium | 8,0 |
7 | Denmark | 7,6 |
8 | Switzerland | 5,1 |
9 | Luxembourg | 3,6 |
10 | France | 0,9 |
11 | Estate of Mrs Edith Christina Ferguson | 0,3 |
12 | Spain | 0,2 |
Auch das Memorandum of Understanding welches Wirtschaftsminister Franz Fayot am 18. Juni 2020 unterzeichnete, und mit dem Luxemburg sich verpflichtet das Thirteenth General Programme of Work, 2019–2023 zu unterstützen, reiht sich nahtlos in diese Philosophie ein[5].
Das Luxembourg Institute of Health (LIH)[6] ist darüberhinaus eines der 3 regionalen WHO Referenzlaboren für Masern und Röteln in der EU.
Luxemburg stellt schließlich von 2020 bis 2022 den Vorsitz der Tropical Disease Research (TDR)[7], und unterstützt das Spezialprogramm der WHO für diesen Zeitraum mit rund 700.000 €.[8] Wir werden in einem zukünftigen Artikel darauf zurückkommen.
Rechtliches
Die WHO verfügt über eine Verfassung, welche unter anderem die Ziele und die administrative Funktionsweise festlegt[9]. Was den Einfluss der Organisation auf die Mitgliedstaaten betrifft, sind vor Allem die Artikel 19 bis 23 ausschlaggebend.
Die World Health Assembly (WHA) kann mit einer Zweidrittelmehrheit Konventionen oder Vereinbarungen festlegen, welche für die Mitgliedsstaaten dann rechtlich bindend sind (Artikel 19).
Diese haben jeweils 18 Monate Zeit, diese Vereinbarungen anzunehmen oder abzulehnen. Im Falle einer Annahme sind sie dann verbindlich (Artikel 20 und 22).
Laut Artikel 21 ist die WHO bemächtigt, Regelungen in Kraft zu setzen, unter Anderem bezüglich
- sanitärer- und Quarantäne Massnahmen, welche die internationale Verbreitung von Infektionskrankheiten verhindern
- Definition von Krankheiten,Todesursachen und Praktiken der öffentlichen Gesundheit
- Standardisierung von Diagnoseverfahren
- Sicherheitsstandards für pharmazeutische Produkte
Nach Artikel 23 schließlich, kann die WHO innerhalb ihres Kompetenzbereiches den Mitgliedsstaaten Empfehlungen geben.
Im Règlement grand-ducal vom 18. März 2020 in welchem die initialen Covid-19 Maßnahmen festgelegt wurden, wurde beispielsweise im Einleitungstext die WHO entsprechend referenziert[10]:
[…] Considérant que le virus dit « Coronavirus », désigné par « Covid-19 » et déclaré comme constituant une pandémie par l’Organisation mondiale de la Santé […]
Considérant que l’Organisation mondiale de la Santé insiste dans ses recommandations de limiter les contacts entre les personnes physiques afin de contenir la propagation du Covid-19 […]
Es handelte sich hier also „nur“ um eine Empfehlung, wobei den einzelnen Staaten bei der Umsetzung immer noch ein gewisser Spielraum bleibt. Dabei soll es jedoch im Falle einer Pandemie in Zukunft nicht bleiben.
Global accord on pandemic prevention, preparedness and response
Am 1. Dezember 2021 gab die WHA bekannt, dass sie ein international rechtlich bindendes Abkommen im Sinne von Artikel 19 der WHO-Verfassung ausarbeiten möchte, welches im Kontext einer Pandemie die Verhütung, Bereitschaft und Reaktion verbessert[11].
Seit ihrer Gründung im Jahre 1948, wurde Artikel 19 bisher nur einmal beim WHO Framework Convention on Tobacco Control 2005 angewandt[12].
Bei diesem neuen Vertrag sind die geplanten Daten für die Umsetzung:
- 1. März 2022: Arbeitsweise und Planung der Zeitleiste
- 1. August 2022: Erörterung des Fortschritts des Arbeitsentwurfs
- 2023: Fortschrittsbericht auf der 76. WHA
- 2024: Vorlage der Ergebnisse zur Prüfung auf der 77. WHA
Der Rat der Europäischen Union hat die Eröffnung der Verhandlungen hierzu nun auch schon am 3. März beschlossen: die EU-Kommission kann somit ihre Arbeit aufnehmen und den Vertrag im Namen der EU nach den Vorgaben des Rates aushandeln[13].
Auch wenn die WHO dieses Abkommen als beträchtlicher Mehrwert für alle Beteiligten darstellt, wird diese Entwicklung von verschieden Kritikern eher als Bedrohung wahrgenommen[14]: sollte der Vertrag verabschiedet werden, würde er über den Verfassungen der Mitgliedsstaaten stehen, die WHO könnte also beispielsweise im Falle einer Pandemie Lockdowns und/oder auch eine Impfpflicht vorschreiben, die dann unmittelbar in geltendes nationales Recht übergehen würden.
In einigen Ländern regt sich bereits der Widerstand: in Österreich hat die Wissenschaftliche Initiative Gesundheit für Österreich e.V. einen offenen Brief an die WHO verfasst[15], wie auch das internationale World Council for Health[16].
In Luxemburg wird diese Initiative der WHO weder in den Medien noch in der Politik thematisiert. RTL arbeitete das Thema lediglich mit einem „Faktencheck“ ab, in Reaktion auf einen Twitter-Post von Prof. Christian Perrone[17]. Der Titel des Artikels war dabei in hohem Maße irreführend und der Inhalt bestand im Wesentlichen darin darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedsländer immer noch das Recht hätten den Vertrag abzulehnen.
Allein schon durch die Akzeptanz durch den Rat der Europäischen Union, kann man jedoch davon ausgehen, dass die WHO wohl kaum diesen Vertrag auf den Instanzenweg gebracht hätte, wenn nicht eine reale Chance bestünde diesen auch bei einer Mehrheit der Mitgliedsstaaten durchzusetzen.
Interessant wäre es allemal zu wissen, wie die luxemburgische Politik sich bezüglich dieses Vertrages positioniert und inwiefern das beabsichtigte Abkommen mit der (neuen) luxemburgischen Verfassung in Einklang ist. Unseren Juristen nach ist zum Inkrafttreten eines solchen internationalen Vertrags das Annehmen auf nationaler Ebene, etwa durch ein Gesetz, von Nöten.
Internationales Gateway für digitale Impfzertifikate
Ohne dass es von der WHO selbst angekündigt wurde, gab die Deutsche Telekom bekannt, dass ihr Tochterunternehmen T-Systems von der Weltgesundheitsorganisation den Auftrag erhalten hat, ein sogenanntes Gateway zu entwickeln, welches die internationale Überprüfung der QR-Codes von Impfnachweisen ermöglicht[18].
T-Systems hatte zuvor in Zusammenarbeit mit SAP bereits die Plattform für das EU Digital COVID Certificate sowie das European Federation Gateway Service (EFGS) entwickelt, letzteres ermöglicht das elektronische Kontakt-Tracing über Ländergrenzen hinweg.
Beim neuen Projekt wird die Transparenz und der Datenschutz hervorgehoben. So soll etwa wie auch schon beim EU Digital COVID Certificate der Quellcode der Applikation auf der Entwickler-Plattform Github für jeden einsehbar sein[19].
Die WHO möchte auf diese Weise ihren 194 Mitgliedsstaaten „das Einführen digitaler Impfzertifikate erleichtern“. Wie sie sich diese Impfpässe im Detail vorstellt, hat sie bereits am 27. August 2021 spezifiziert[20]. Dass diese Zertifikate längerfristig weder auf die Covid-19-Pandemie, noch auf die Daten zu durchgeführten Impfungen beschränkt bleiben sollen, zeigt bereits eine kurze Analyse. So lesen wir etwa in der Zusammenfassung:
The current document is written for the ongoing global COVID-19 pandemic; thus, the approach is architected to respond to the evolving science and to the immediate needs of countries in this rapidly changing context; for this reason, the document is issued as interim guidance. The approach could eventually be extended to capture vaccination status to protect against other diseases.
Im Glossar werden die als zu speichernden persönlichen Daten („personal data“) definiert:
Any information relating to an individual who is or can be identified, directly or indirectly, from that information. Personal data include: biographical data (biodata), such as name,
sex, civil status, date and place of birth, country of origin, country of residence, individual registration number, occupation, religion and ethnicity; biometric data, such as a photograph, fingerprint, facial or iris image; health data; as well as any expression of opinion about the individual, such as assessments of his or her health status and/or specific needs.
Finanziert wurde die Ausarbeitung des Dokuments unter anderem von der Bill & Melinda Gates Foundation und der Rockefeller Foundation. Letztere ist zusammen mit Microsoft und Gavi Gründungspartner der ID2020 Alliance, einer NGO welche eine globale digitale Identität einführen möchte[21].
Das Ziel der Reise scheint also klar zu sein, oder wie es Andrew Bud, Gründer und CEO des auf biometrischer Zertifizierung spezialisierten Unternehmens iProov treffend formuliert[22]:
The evolution of vaccine certificates will actually drive the whole field of digital identity in the future. So, therefore, this is not just about Covid, this is about something even bigger.
Quellen
[1] WHO Website: How WHO is funded
https://www.who.int/about/funding
[2] WHO: Assessed contributions overview for all Member States as at 31 December 2021
https://cdn.who.int/media/docs/default-source/ac-docs-2022-2023/assessed-contributions-overview-for-all-member-states-as-at-31-december-2021.pdf
[3] Deutschlandfunk Kultur (17.07.2018): Das Dilemma der WHO
https://www.deutschlandfunkkultur.de/unabhaengigkeit-der-weltgesundheitsorganisation-das-dilemma-102.html
[4] WHO Website: Our contributors
https://www.who.int/about/funding/contributors
[5] WHO Website: Our contributors / Luxembourg
https://www.who.int/about/funding/contributors/lux
[6] Luxembourg Institute of Health (LIH)
https://www.lih.lu/en/
[7] WHO: Tropical Disease Research (TDR)
https://tdr.who.int/groups/joint-coordinating-board
[8] Coopération Luxembourgeoise: Rapport annuel 2020
https://www.cooperation.lu/fr/2020/la-cooperation-luxembourgeoise-et-ses-partenaires/la-cooperation-multilaterale/intro
[9] Verfassung der WHO
https://www.who.int/governance/eb/who_constitution_en.pdf
[10] Règlement grand-ducal du 18 mars 2020 portant introduction d’une série de mesures dans le cadre de la lutte contre le Covid-19
https://data.legilux.public.lu/file/eli-etat-leg-rgd-2020-03-18-a165-jo-fr-pdf.pdf
[11] World Health Assembly agrees to launch process to develop historic global accord on pandemic prevention, preparedness and response
https://www.who.int/news/item/01-12-2021-world-health-assembly-agrees-to-launch-process-to-develop-historic-global-accord-on-pandemic-prevention-preparedness-and-response
[12] Wikipedia: Rahmenübereinkommen der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs
https://de.wikipedia.org/wiki/Rahmen%C3%BCbereinkommen_der_WHO_zur_Eind%C3%A4mmung_des_Tabakgebrauchs
[13] Council of the EU: Council gives green light to start negotiations on international pandemic treaty
https://www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2022/03/03/council-gives-green-light-to-start-negotiations-on-international-pandemic-treaty/
[14] Die Weltwoche (07.03.2022): Im Schatten des Ukraine-Krieges werkelt die WHO an einem globalen Pandemiepakt
https://weltwoche.ch/daily/im-schatten-des-ukraine-krieges-werkelt-die-who-an-einem-globalen-pandemiepakt-laenderuebergreifende-lockdowns-sollen-zum-neuen-instrument-der-internationalen-politik-werden/
[15] Wissenschaftliche Initiative Gesundheit für Österreich e.V. (07.03.2022): Offener Brief an die WHO
https://corona-transition.org/IMG/pdf/who-will-sich-u_ber-verfassung-der-mitgliedsla_nder-stellen_ob.pdf
[16] World Council for Health (09.03.2022): Erster Offener Brief zum Pandemievertrag der WHO
https://worldcouncilforhealth.org/news/2022/03/erster-offener-brief-zum-pandemievertrag-der-who/45853/?lang=de
[17] RTL (21.03.2022): Virale Video, WHO wéilt Impfunge wéinst Ukrain-Konflikt imposéieren
https://www.rtl.lu/news/faktencheck/a/1883141.html
[18] Deutsche Telekom (23.02.2022): Check von Covid-19-Zertifikaten: Weltgesundheitsorganisation beauftragt T-Systems
https://www.telekom.com/en/media/media-information/archive/covid-19-who-commissions-t-systems-648634
[19] GitHub: eu-digital-green-certificates
https://github.com/eu-digital-green-certificates
[20] WHO: Digital Documentation of COVID-19 Certificates: Vaccination Status
Technical Specifications and implementation guidance
https://apps.who.int/iris/rest/bitstreams/1359417/retrieve
[21] ID2020 Alliance Partners
https://id2020.org/alliance
[22] Forbes (21.02.2021): Inside The Race To Create A Covid Passport And Change Travel As We Know It
https://www.forbes.com/sites/oliverwilliams1/2021/02/21/inside-the-race-to-create-a-covid-passport-andchange-travel-as-we-know-it/
Artikelphoto: United States Mission Geneva, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons