Informationsfluss auf Umwegen

Unsere nationale „Ad hoc Experten-Gruppe“ hat in ihrem Bericht zur Einschätzung einer Einführung der Impfpflicht[1] am Ende bemerkt:

Redoubler les efforts de sensibilisation et d’information de la population en fournissant des nombres clairs, corrects et compréhensibles pour mieux mettre en évidence l´effectivité de la vaccination contre la COVID-19.

Wer könnte da widersprechen? Besser wäre natürlich noch, wenn auch die Impfnebenwirkungen in diesem Zusammenhang eine Erwägung finden würden.

Im Gegensatz dazu, dass es fast unmöglich ist, die täglichen Meldungen betreffend der Anzahl der positiven PCR-Tests sowie der „an oder mit Corona“ Verstorbenen seit Anfang der Pandemie in den Leitmedien zu übersehen, sind die Informationen zu Impfnebenwirkungen mehr als spärlich gesät. Sind für ersteres ausführliche Daten und grafisch aufgearbeitete Statistiken verfügbar, beschränkt sich letzteres auf gelegentlich veröffentlichte Berichte, die durch eine eher wissenschaftliche Darstellung weder für ein breiteres Publikum gedacht sind, noch von diesem scheinbar in größerem Ausmaße wahrgenommen werden[2].

Die bis jetzt in Luxemburg gemeldeten Impfnebenwirkungen können dem letzten Bericht der Pharmacovigilance vom 24. Januar 2022 entnommen werden[3].

Möchte man sich zu diesem Thema international informieren, ist die Situation nicht einfacher. Die hierfür zuständigen Organismen veröffentlichen in der Regel keine für die Öffentlichkeit gedachten übersichtlichen Analysen, sondern teilweise riesige Datenbanken im Rohformat, welche man ohne die nötigen Kenntnisse nicht auswerten kann.

Wir stellen nachfolgend 2 dieser öffentlichen Institutionen vor, welche Meldungen zu Impfnebenwirkungen sammeln, und zeigen jeweils für Interessierte, wie man eigenhändig diese Daten auswerten kann. Für informatisch weniger versierte geben wir auch gegebenenfalls Quellen an, wo diese Analyse bereits durch Dritte durchgeführt wurde.

Vigiaccess

Seit 2015 stellt die Weltgesundheitsorganisation ihre in der Datenbank Vigibase gesammelten Daten zu gemeldeten möglichen Nebenwirkungen von medizinischen Produkten auf dem Portal Vigiaccess der Öffentlichkeit zur Verfügung: http://www.vigiaccess.org.

Nach Bestätigung dass man eine Reihe von Erklärungen, darunter den üblichen Haftungsausschluss für die Richtigkeit der Daten, gelesen und verstanden hat, erhält man Zugriff zum Suchformular.

Es gilt zu beachten, dass der Suchbegriff exakt eingeben werden muss. Sucht man z.B. nach den Covid-19 Impfstoffen, so führt nur der Text „covid-19 vaccine“ zum gewünschten Ergebnis, unterlässt man selbst nur den Bindestrich, so gibt die Suche keine Treffer zurück.

Die Gesamtzahl der bis zum jetzigen Zeitpunkt gemeldeten Nebenwirkungen wird im hellblau unterlegten Bereich angezeigt. Weitere Informationen findet man im „Akkordeon“: öffnet man etwa den Reiter „ADR reports per year“ erhält man eine Tabelle mit den gemeldeten Fällen pro Jahr.

Folgende Tabelle wurde auf die beschriebene Art und Weise am 14. Februar 2022 erstellt. Die benutzen Suchbegriffe entsprechen den Medikamenten-Namen der Grafik, die Jahreszahlen in Klammern dem jeweiligen Beobachtungszeitraum.

In den sozialen Medien wurde ein Bild geteilt, welches unter dem Logo der WHO eine Tabelle mit Daten zeigt, die auf analoge Weise aus der Vigiaccess-Datenbank gewonnen wurden.

Offensichtlich handelt es sich nicht um eine offizielle Publikation der WHO, sondern um eine Auswertung durch Dritte. Auch wenn die Daten korrekt sind, ist die formale Umsetzung unserer Einschätzung nach unglücklich, da allein der sicher nicht genehmigte Gebrauch eines Logos in diesem Zusammenhang schon problematisch ist.

Erwartungsgemäß blieb die Reaktion der „Faktenchecker“ nicht aus, die Argumentation war dabei in den zwei hier erwähnten Artikeln mehr oder weniger die gleiche.

AFP nahm unmittelbar Bezug auf das gezeigte Bild[4] und zitierte einen Sprecher der WHO:

[…] The information on this website, therefore, does not reflect any confirmed link between a medicinal product and a side effect.

Correctiv hatte sich schon früher zu den Daten von Vigiaccess geäußert[5]; das Urteil lautete hier:

Fehlender Kontext. In der WHO-Datenbank „Vigiaccess“ werden Verdachtsfälle aufgeführt, bei denen ein Zusammenhang zur Impfung nicht belegt sein muss.

Interessanterweise ist eines der Argumente genau dasjenige, welches bei der Diskussion zu „an oder mit Corona verstorben“ nicht angeführt werden durfte:

[…], denn ein Mann könnte beispielsweise geimpft worden sein und dann von einem Auto angefahren werden und sterben. Oder eine Frau könnte bei der Geburt ihres Kindes sterben, ohne dass ihr Tod etwas mit der Coronaimpfung zu tun hat.

Auch wenn es sich um Verdachtsfälle handelt, ist trotzdem die im Vergleich zu anderen Impfstoffen unverhältnismäßig höhere Meldezahl bei Covid-19-Vakzinen alarmierend und nicht allein durch die Anzahl an durchgeführten Impfungen zu erklären[6]. So wurde beispielsweise auch gegen Polio seit 1968 etwa 3 Milliarden mal geimpft, wobei hier jedoch nur rund 123.000 unerwünschte Nebenwirkungen gemeldet wurden.

EudraVigilance

EudraVigilance ist die „Europäische Datenbank gemeldeter Verdachtsfälle von Arzneimittel-Nebenwirkungen“: https://www.adrreports.eu/

Der Gebrauch dieser Datenbank gestaltet sich im Vergleich zu Vigiaccess ungleich schwieriger. Nach Wahl der Sprache und des Bereichs Human- oder Veterinär-Medizin gelangt man auf die Seite, wo zunächst der Haftungsausschluss akzeptiert werden muss: https://www.adrreports.eu/de/disclaimer.html.

Die Covid-19-Vakzine erreicht man dann durch Anklicken des Buchstaben „C“, und auf der dann angezeigten Seite durch Auswahl eines der 4 aktuellen Impfstoffe in der Liste:

  • COVID-19 MRNA VACCINE MODERNA (CX-024414)
  • COVID-19 MRNA VACCINE PFIZER-BIONTECH (TOZINAMERAN)
  • COVID-19 VACCINE ASTRAZENECA (CHADOX1 NCOV-19)
  • COVID-19 VACCINE JANSSEN (AD26.COV2.S)

Für den Impfstoff von Pfizer (Tozinameran) erhält man so unter anderem diese Daten/Grafiken (abgerufen am 12.02.2022):

EudraVigilance geht insgesamt „sparsam“ mit dem Darlegen der Informationen um. Möchte man über diese Daten hinaus weitere Details, etwa die Gesamtzahl gemeldeter Verdachtsfälle mit tödlichem Ausgang, so bleibt einem nichts anders übrig, als die Rohdaten zu exportieren und beispielsweise in einem Tabellenkalkulations-Programm (MS Excel, LibreOffice Calc) auszuwerten.

Hierzu muss man den Reiter „Line listing“ anklicken und erhält ein Formular zum Filtern der zurückgegebenen Datensätze. Der Screenshot zeigt die Auswahl „Serious“ für das Feld „Seriousness“, bei „Age Group“ wurden alle Optionen selektioniert.

Durch Klicken auf den Link „Run Line Listing Report“ wird die Tabelle mit den Datensätzen welche die Kriterien erfüllen, angezeigt.

Unter der Tabelle findet man den Link „Export“ mit dem die Daten exportiert werden können. Es stehen mehrere Exportformate zur Verfügung, unter anderem PDF, Excel und CSV (comma separated values).

Die Exportdatei wird generiert und wird vom Browser automatisch heruntergeladen. In unserem Beispiel enthält die Datei rund 48.000 Datensätze.

Nach Import der Datei in ein Tabellenkalkulations-Programm findet man die Fälle mit tödlichem Ausgang in der Spalte „Reaction List PT (Duration – Outcome – Seriousness Criteria)“ durch Filtern mit den Optionen beginnend mit „Death“.

Wir haben auf diese Weise die gemeldeten Nebenwirkungen nur für den Pfizer-Impfstoff und nur für das Jahr 2022 erhalten. Möchten wir diese Analyse in regelmäßigen Zeitabständen für alle Covid-19-Impfstoffe und den gesamten Zeitraum der Impfkampagne ausführen, so müssten wir also jedes Mal 12 (= 4 Impfstoffe mal 3 Jahre) CSV-Dateien auswerten. Es scheint klar zu sein, dass für diesen Aufwand andere Lösungen gefunden werden müssen: Der Prozess muss dann automatisiert werden, etwa mit der Programmiersprache R für die es entsprechende Packages gibt[7].

Glücklicherweise gibt es Initiativen, welche diesen Arbeitsaufwand betreiben und die Resultate der Öffentlichkeit zu Verfügung stellen. Für EudraVigilance gibt es beispielsweise die Website https://impfnebenwirkungen.net/.

Die Informationen werden in drei Ausführungen angeboten:

Einen guten Überblick vermittelt schon der sogenannte „One pager“: interessant hier der Vergleich mit der Grippe-Impfung.

Unter https://impfnebenwirkungen.net/vaers/tabellen/ stellt Impfnebenwirkungen.net ebenfalls ihre Auswertungen der amerikanischen Meldebehörde VAERS[8] zur Verfügung. Es würde den Umfang dieses Artikels allerdings sprengen, auch noch auf diese Datenbank einzugehen.

Luxemburg

Wir möchten an dieser Stelle alle Betroffenen bitten, welche durch eine Covid-19-Impfung zu Schaden gekommen sind, dies bei der Patiente Vertiedung Asbl[9] zu melden. Zu diesem Zweck ist online ein Formular verfügbar:

https://www.patientevertriedung.lu/?com=0I66I0I0I

Dies wird uns helfen, die Debatte auf Grundlage von transparenten Daten zu führen. Es ist uns zugetragen worden, dass in manchen Fällen potenziell Impfgeschädigten leider nahe gelegt worden ist, auf eine Meldung zu verzichten, da etwa die betreffende Nebenwirkung bereits dem Gesundheitsministerium bekannt wäre.

Schließlich muss noch bemerkt werden, dass die Dunkelziffer bei den Meldungen von Nebenwirkungen bei Medikamenten generell schon immer sehr hoch war. Laut einer Metastudie[10] werden in der Regel nur 5 % aller Fälle erfasst.

Quellen

[1] Avis du Groupe Ad hoc d’experts sur l’instauration d’une obligation de vaccination contre la Covid-19
https://download.rtl.lu/2022/01/14/36b57e00ccdd0d18c21d9e3ad1a2d225.pdf

[2] infoVAXX – Publications – Pharmacovigilance
https://covid19.public.lu/fr/vaccination/infovaxx.html

[3] Rapport Pharmacovigilance: Suivi des effets indésirables des vaccins – Données au 24.01.2022
https://covid19.public.lu/dam-assets/covid-19/vaccinations/pharmacovigilance/Rapport-10-Suivi-des-effets-indesirables-des-vaccins-11022022-.pdf

[4] AFP (30.11.2021): Social media posts misrepresent WHO data on vaccine side effects
https://factcheck.afp.com/http%253A%252F%252Fdoc.afp.com%252F9TA2ET-1

[5] Correctiv (15.06.2021): Impfdatenbank „Vigiaccess“: Daten zeigen keine Nebenwirkungen, sondern gemeldete Verdachtsfälle
https://correctiv.org/faktencheck/2021/06/15/impfdatenbank-vigiaccess-daten-zeigen-keine-nebenwirkungen-sondern-gemeldete-verdachtsfaelle/

[6] Transparenztest: WHO VigiAccess Datenbank: 2.727.041 Reports mit 6.552.626 einzelnen Impf Nebenwirkungen gemeldet
https://www.transparenztest.de/post/who-vigiaccess-datenbank-2727041-reports-mit-6552626-einzelnen-impf-nebenwirkungen-gemeldet

[7] Rdocumentation: read.csv.sql: Read File Filtered by SQL
https://www.rdocumentation.org/packages/sqldf/versions/0.4-11/topics/read.csv.sql

[8] Vaccine Adverse Event Reporting System (VAERS)
https://vaers.hhs.gov/

[9] Patiente Vertiedung Asbl
https://www.patientevertriedung.lu

[10] Lorna Hazell, Saad A W Shakir: Under-reporting of adverse drug reactions : a systematic review
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/16689555/